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WESER-KURIER, 03.09.2013
Auf dem Dachboden durch die Jahrhunderte
Hochzeitstruhe von 1792 übersteht die Zeit fast unbeschadet in Bollen – auch der Abriss des Hauses ändert nichts
Achim-Bollen·Bremen. Dass ein Einrichtungsgegenstand ein Haus überlebt, dürfte die Ausnahme sein. Meist, sagt der Bremer Restaurator Roger Kossann, seien Umzüge geradezu gefährlich für Möbel. „Die werden dann aussortiert, wenn sie nicht einen engagierten Fürsprecher in der Familie finden.“ Dementsprechend bemerkenswert findet er, dass einer 1792 getischlerten Hochzeitstruhe, die seit 1865 in einem Bollener Bauernhaus aufbewahrt wird, auch der Abriss des Hauses nichts anhaben kann. Nach einem Ausflug nach Bremen soll sie im Neubau wieder einen Platz finden, weiß Kossann von seinen Auftraggebern. Praktikantin Celine Hopster (links) und Diplom-Restauratorin Karen Melching arbeiten an einer Hochzeitstruhe von 1792, die mindestens seit 1865 in einem Bauernhaus in Bollen stand. FOTO: STRANGMANN Begeistert ist der Restaurator einerseits vom guten Zustand des alten Möbels, andererseits davon, wie die Truhe offenbar Familiengeschichte erlebt und überlebt hat. „Zusammen mit meinen Angaben konnten die Besitzer lückenlos aufklären, in wessen Besitz sie jeweils war“, hält Kossann fest. „Das geht in einer ländlichen Gegend sicherlich leichter als woanders“, glaubt er. Ein Blick in das Kirchenbuch von Arbergen verriet dem historisch interessierten Restaurator, dass die Frau, deren Name in die Truhe geschnitzt ist, die 1772 in Bollen geborene Margrethe Warns sein dürfte. Sie heiratete Johann Harms, bekam mit ihm Tochter Ahlke und starb 1811 in Arbergen. Was von Margrethe Warns blieb, ist die massive, komplett aus Eiche gearbeitete Truhe, die den Jahrhunderten trotzte. Nach dem eigentlichen Zweck, die Aussteuer der jungen Besitzerin aufzubewahren, bekam das Möbel mindestens eine andere Aufgabe zugeteilt, berichtet Kossann. „Es sind drei Löcher in der Truhe, die vermutlich von Mäusen reingenagt wurden“, schätzt er. Eine Vermutung, die mit dem zusammenpasst, was die jetzige Besitzerin erzählte: „Sie sagte, dass die Truhe bei ihnen früher als Kornkiste genutzt wurde.“ Besonders schön für die Restaurierung sei, dass bislang kaum jemand große Reparatur-oder Umbauversuche an der Truhe unternommen habe, erklärt Kossann. Auch er und seine Mitarbeiter wollen nur vorsichtig in das Werk des unbekannten Handwerkers eingreifen. Sogar die Mauselöcher dürfen bleiben. „Das gehört zur Geschichte der Truhe dazu, so etwas zeichnet alte Objekte aus“, stellt der Restaurator klar. Allerdings werden die Knabberspuren vornehm versteckt. Zwei neue Kufen – lange Holzleisten, auf denen die Truhe stehen soll – verdecken den Blick auf die Löcher. Schon früher habe die Truhe Kufen gehabt, die neu angebrachten sollen die alte Eleganz des Möbels wieder erkennen lassen. „Wenn die Truhe platt auf dem Boden steht, dann hat sie die falschen Proportionen. Die Menschen, die diese Arbeit gemacht haben, die haben sich ja etwas dabei gedacht“, ist Kossann sich sicher. Ansonsten wolle man kaum etwas verändern. Nur konservatorische Maßnahmen erwarte die Truhe noch. Übersetzt heißt das: Die Truhe wird fit gemacht – für weitere Jahrzehnte. |
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